Cellulose- und Ligninchemie

Umfassendere Nutzung der chemischen Bestandteile von Holz und Pflanzenteilen aus Bioraffinerie-Anlagen

Im Rahmen mehrerer Projekte auf dem Gebiet der Cellulose- und Ligninchemie werden am Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe der BOKU sowohl moderne Analysenmethoden als auch Biopolymer-basierte Materialien entwickelt. Diese zielen auf der Substitution von Erdöl als Rohstoffquelle durch alternative Non-Food-Rohstoffe ab, welche momentan noch vor allem für energetische Zwecke direkt in den Zellstofffabriken verbrannt werden. Konkrete Forschungsthemen sind hierbei unter anderem die Nutzung von Lignin- und Prozesslaugen der Bioraffinerie-Anlagen, Lyocell-Chemie als grüne Alternative der Faserherstellung, Ozon-Bleiche in Zellstoffwerken sowie Analysenmethoden und Extraktionen mithilfe von überkritischem CO2 als umweltfreundliches Lösungsmittel.

Bereits von 2008 bis 2016 wurde am Christian Doppler-Labor für „Moderne Cellulosechemie und -Analytik“ am heutigen Institut für Chemie nachwachsender Rohstoffe der BOKU vor allem Cellulose als das am häufigsten vorkommende Biopolymer erforscht. Hierbei wurde der Bogen von der Grundlagenchemie, der Faser-, Textil-, und Papierchemie, über moderne Lösungsmittel und der industriellen Zellstoffgewinnung und -bleiche bis hin zu cellulosischen Nanomaterialien und neuen High-Tech-Produkten z.B. für medizinische Anwendungen gespannt. Begleitend dazu wurden moderne Methoden der Celluloseanalytik entwickelt.

Im Rahmen der FLIPPR Forschungsprojekte (Future Lignin and Pulp Processing Research) wurde mittlerweile ein Schwerpunkt auch auf Lignin als zweite Hauptkomponenten von Holz gelegt. Sowohl Grundlagenchemie als auch High-Speed-Analysenmethoden und vor allem nichtenergetische Anwendungen technischer Lignine werden aufgrund der Entwicklungen in den Bereichen Bioökonomie und Bioraffinerie forciert. Als logische Konsequenz werden mittlerweile auch Forschungsthemen zu Hemicellulosen, pflanzlichen Extraktstoffen und neuartigen Trenn- und Analyseverfahren komplexer Stoffströme von Bioraffinerien am Institut bearbeitet.

Lignocellulosische Biomasse ist der mengenmäßig wichtigste nachwachsende Rohstoff. Zellstofffabriken sind bereits heute Vorreiter moderner Bioraffinerie im Sinne einer ganzheitlichen Nutzung der CO2-neutralen Rohstoffe. Neben dem FLIPPR2 Folgeprojekt spiegelt sich die Forschung auf dem Gebiet der Bioraffinerie auch in Österreichs einziger Doktoratsschule auf diesem Gebiet (Advanced Biorefineries – Chemistry & Materials, ABC&M) und im Austrian Biorefinery Center Tulln (ABCT) wider.

Durch assoziierte Professuren an der Shinshu University (Japan) auf dem Gebiet der Faserchemie und an der Åbo Akademi University (Turku, Finnland) sowie Mitgliedschaft in den Exzellenznetzwerken „European Polysaccharide Network of Excellence“ (EPNOE) und Global Center of Excellence „Fiber Science“ (GCoE) sind die wissenschaftlichen Entwicklungen in ein internationales Netzwerk von führenden Institutionen eingebunden, die in der Grünen Chemie und nachhaltigen Technologien Vorreiterrollen innehaben.

 

Text von K. Schröder & M. Mihovilovic, Jänner 2021

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